Einleitung
Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen oder auch ADHS sind sehr häufig auftretende Beschwerden, und zwar sowohl bei Kindern, wie auch bei Erwachsenen. Bei den Ursachen muss man zwischen zwei Kategorien unterscheiden:
Viele Menschen haben die Fähigkeit, Aufmerksamkeit zu erzeugen, bereits erfolgreich entwickelt und diese verschlechtert sich dann aber – meistens stressbedingt – wieder sodass ein therapeutisches Eingreifen notwendig wird.
Bei der anderen Kategorie – in diese Kategorie gehören meistens Kindern – wurde die Fähigkeit Aufmerksamkeit zu erzeugen (und dabei gewisse andere Impulse zu unterdrücken) noch gar nicht entwickelt sodass sie durch ein therapeutisches Eingreifen entsprechend nachentwickelt werden muss. Bei beiden Kategorien spielen motivationale Gründe (behandelbar mit der Hypnose) und die Fähigkeit zur Gleichgewichtsregulation bzw. zur Orientierung des Bewegungsapparats im Raum eine wichtige Rolle:
ADHS bei Kindern – Aspekte der nicht abgeschlossenen sensomotorischen Entwicklung und der Gleichgewichtsregulation bei Kindern mit daraus resultierender innerer Unruhe
Die Evolution des menschlichen Nervensystems entfaltet in der Ontogenese (individuelle, frühkindliche und kindliche Entwicklung) einen Bauplan, welcher dazu führt, dass der Mensch schließlich eine gerade Wirbelsäule über dem Becken und damit auch den Kopf über dem Brustkorb balancieren kann. Eine entscheidende Rolle hierbei spielen frühkindliche Reflexe, wie zum Beispiel der bereits vorgeburtlich im Mutterleib aktiv werdende Moro Reflex (welcher den so genannten Furchtlähmungsreflex beinhaltet). Reflexmuster sind vorgeburtlich und auch in den ersten Lebensjahren überlebensnotwendig (Beispiele: Saugreflex, Greifreflex, Halte- und Stellreflexe), sichern also das Überleben, so lange ein Kind noch nicht gelernt hat, sich bewusst und absichtlich in seiner Umgebung zu orientieren und in dieser zu handeln. Durch komplexe, forschende Lernvorgänge – das Gegenteil von Übungen, mit welchen bei den meisten Therapieverfahren gearbeitet wird – entwickeln sich so nach und nach die höheren Kontrollzentren des menschlichen Nervensystems und es kommt zu einem Nachlassen von Reflexmustern (durch Hemmungsprozesse im Gehirn) bis diese schließlich integriert sind, und nur noch in Notsituationen ganz unbewusst aktiv werden.
Kinder müssen also Reflexmuster zunächst integrieren, um kontrolliert Aufmerksamkeit erzeugen zu können. So lange die wichtigsten frühkindlichen Reflexe nicht integriert sind wird Ihr Kind normalerweise Probleme bei folgenden Tätigkeiten haben:
- Stilles, aufrechtes sitzen („gelöste Aufrichtung„ anstatt von geradem Sitzen durch Überstreckung der Wirbelsäule, zu welchem leider viele Eltern motivieren)
- Führen der Hand beim Schreiben
- Ausrichten der Augen auf einen Punkt oder eine Linie beim Lesen oder Schreiben, visuelle Wahrnehmung allgemein
Insofern ist also – gerade bei Kindern – die Erzeugung von Aufmerksamkeit ein körperliches Thema, weil Kinder lernen müssen ihren Bewegungsapparat (inkl. der Augen) im Raum zu koordinieren.
Viele ADHS-Problematiken bei Kindern resultieren also schlichtweg aus einem nicht kindgerechten Unterricht, welcher die notwendige, sensomotorische Entwicklung nicht fördert, sondern gar behindert. Denn dass die sensomotorischen Anteile (die Bewegungsebene betreffend) des menschlichen Nervensystems sich erst im Alter von etwa 6 bis 8 Lebensjahren (bei Jungen meist später als bei Mädchen) voll entwickelt haben findet leider in unserem Schulsystem keine ausreichende Berücksichtigung. Für Kinder ist das ständige Stillsitzen in der Schule – so meine Hypothese – strikt schädlich und viele Eltern suchen folgerichtig auch nach entsprechenden Bewegungsmöglichkeiten in der Freizeit, sodass Kinder Bewegungsdefizite entsprechend ausgleichen können. Verständlich also, wenn Kinder auf diesen Bewegungsmangel in der Schule mit innerer Unruhe und Bewegungsdrang reagieren.
Gleichgewicht im Raum erzeugen und die Gesamtaktivierung im menschlichen Nervensystem – Bedeutung der formatio reticularis bei Aufmerksamkeitsstörungen
Noch wichtiger im Zusammenhang mit der Debatte um Aufmerksamkeitsstörungen ist aber folgende wissenschaftliche Erkenntnis:
ADHS (bzw. ADH) entsteht immer dann, wenn die so genannte Gesamtaktivierung (anders ausgedrückt: der Grad an Nervosität) im Nervensystem zu hoch oder zu niedrig ist:
Ist die Gesamtaktivierung zu hoch, hat der Mensch ADHS (Attention Deficit Hyperactivity Syndrome, also ein Aufmerksamkeitsdefizit, welches durch Übererregung bedingt ist). Ist diese zu niedrig hat der Mensch ADS (Attention Deficit Syndrome, also ein Aufmerksamkeitsdefizit, welches durch zu wenig Erregung bedingt ist). Die Grafik veranschaulicht diesen Zusammenhang anhand des aus der Lernpsychologie stammenden „Yerkes-Dodson-Gesetz“, übertragen auf die Gesamtaktivierung im Nervensystem. (Quelle: http://lexikon.stangl.eu/2821/yerkes-dodson-gesetz/)
Hirnforscher meinen nun, entscheidend sei in diesem Zusammenhang der Stoffwechsel im Gehirn und in diesem Zusammenhang vor allem die Neurotransmitter Serotonin, Dopamin und Noradrenalin. Leider suchen die Hirnforscher – wahrscheinlich um ihre Ergebnisse besser veröffentlich zu können – hier seit Jahren meines Erachtens an der falschen Stelle im Gehirn. Sie suchen nämlich im Kortex, einer entwicklungsgeschichtlich sehr neuen Hirnstruktur, während für die Gesamtaktivierung im menschlichen Nervensystem die so genannte formatio reticularis (vgl. Grafik unten) entscheidend ist. Die formatio reticularis ist eine entwicklungsgeschichtlich sehr alte Hirnstruktur, welche bei Fischen noch den größten Teil des zentralen Nervensystems ausmacht. Sie ist quasi das Verbindungsstück zwischen dem vestibulären System (dem Teil des menschlichen Nervensystems, welcher hauptsächlich für den Erhalt des körperlichen Gleichgewichts zuständig ist), und allen anderen Hirnteilen, auch dem Kortex. Ich halte deswegen die „Fähigkeit, Gleichgewicht zu erzeugen bzw. dieses wiederherzustellen“ für absolut grundlegend bei der AD(H)S-Debatte. Die wichtige, multifunktionale Vernetzung der formatio reticularis wird in der folgenden Graphik veranschaulicht.
Wissenschaftliche Fakten zur formatio reticularis
- Die formatio reticularis verbindet höhere Hirnstrukturen mit den für die Gleichgewichtsregulation zuständigen Hirnstrukturen.
- Ist bei Fischen der wohl größte Teil des Zentralnervensystems.
- Ist ein Teil des Hirnstamms, welcher die Kontrolle (im Nervensystem) übernimmt wenn wir unter Stress kommen, z.B. wenn uns ein Verlust des Gleichgewichts droht.
- Besteht aus drei Teilen
- niedrigster Teil: reguliert die so genannten autonomen Funktionen wie Atmung, Blutdruck und Verdauung
- mittlerer Teil: reguliert die Gesamtaktivierung im menschlichen Nervensystem: Schlaf, Schläfrigkeit, Wachheit oder Alarmzustand
- oberer Teil: reguliert sensorischen Input aus dem Nervensystem
(vgl. Grafik rechts von http://notizblog.digital/wp-content/uploads/2012/05/formret.png)
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Leseempfehlungen:
Robbins, J. (1977) Vestibular integration – man’s connection to the earth. Somatics, Novato. 1(3), pp. 27-36.
Sacher, R. (2012) Angeborene Fremdreflexe. Verlag: Urban & Fischer
Verlust sensomotorischer Kontrolle und der dynamischen Gleichgewichtsregulation bei Erwachsenen durch Stress
Bei Erwachsenen nun sollte man anstatt in „fehlenden Entwicklungsprozessen“ eher in „stressbedingten Abbauprozessen“ denken. Einmal angenommen, Ihre sensomotorische Entwicklung im Kindesalter verlief „natürlich“, sodass die entsprechenden Hirnteile angemessen ausreifen konnten und Sie so eine „normale“ Bewegungskontrolle entwickelt haben. Nun aber verlieren Sie diese im Erwachsenenalter zunehmend. Wahrscheinlich stellen Sie sich dann die Frage, in wie fern Stress diesen kognitiven und körperlichen Abbauprozess begünstigt. Die Antwort auf diese Frage ist folgende:
Wenn Sie in Stressphasen kommen und dann – plötzlich oder nach und nach – Konzentrationsprobleme auftreten, liegt dies im Prinzip an einem Verlust der oben für Kinder beschriebenen Lernprozesse. Die Ursache für diesen Verlust ist, dass das menschliche Nervensystem in Stressphasen – also als Reaktion auf potenziell bedrohliche Situationen und auf Kosten der Flexibilität und der Feinsteuerung des Bewegungsapparats – auf frühkindliche Reflexmuster zurückgreift, um die psychische und körperliche Stabilität zu erhöhen. Dies ist kurzfristig gut, um Stressphasen entsprechend überstehen zu können. Langfristig entstehen so aber Verspannungen und auch sensomotorischen Amnesien (ein Abbau der Genauigkeit des Körperbildes im Gehirn). Die Folge davon ist, dass die Rückkopplungsschleife zwischen Körper und Gehirn (v.a. Steuerung der Muskulatur, z.B. der Augenmuskulatur) erschwert oder gar stark beeinträchtigt ist und es so zum Vorschnellen Ermüden bei vielen Tätigkeiten kommt, welche der Konzentration über einen längeren Zeitraum bedürfen. Denn bei derartigen Tätigkeiten muss das Gehirn ständig die aus der Muskulatur ankommenden Signale verarbeiten und integrieren um den Körper im Raum zu koordinieren. Eine extreme Ausprägung fehlender Sensorik (Ebene des Fühlens) oder der Motorik (Ebene des Steuerns der Muskulatur) wäre der somotoforme Schwindel.
Die stressbedingte Entstehung der sensomotorischen Amnesie wird in der folgenden Illustration veranschaulicht.
Therapeutisches Vorgehen bei ADHS und Konzentrationsstörungen
Unterstützende Therapie bei Kindern – Kinder Erfahrungen machen lassen, welche die sensomotorische Entwicklung beschleunigen oder Nachholprozesse fördern
Integrative Atemtherapie
Kinder kommen im Normalfall auf Initiative ihrer Eltern zu mir in die Praxis. Deswegen, und weil das Urteilsvermögen von Kindern oft noch nicht so stark ausgeprägt ist, dass sie sich bewusst für oder gegen eine bestimmte Therapieform entscheiden könne, arbeite ich mit Kindern nicht mit der Hypnose, sondern meistens mit der sensomotorischen Körperpsychotherapie (ausführlicher hier), vor allem mit der integrativen Atemtherapie.
Die integrative Atemtherapie ist bei allen Beschwerden, deren Ursprung psychosomatisch ist, äußerst nützlich. Denn bei eigentlich allen psychischen Störungen kann man beobachten, dass unbewusst verspannten Muskeln den Atem behindern, also verhindern, dass sich das Zwerchfell (der Hauptatemmuskel) beim Einatmen verkürzt und so die Lungenflügel öffnet, oder sich – beim Ausatmen – wieder bis auf das normale Spannungsniveau entspannt.
Bei der integrativen Atemtherapie erforsche ich nun gemeinsam mit der/dem PatientInnen durch sanfte Berührungen und kleine, achtsame Bewegungen, wo diese Muskeln sind, welche die Atmung blockieren. Wenn der Patient zunächst mal wieder spürt, wo er unbewusst Spannung erzeugt, und dann noch lernt, wie diese Spannung mit seiner Atmung zusammenhängt, öffnen sich diese Schutzmuster nach und nach. Therapie ist also hier ein forschender, spielerischer Prozess, der allen Patienten, mit denen ich bisher zusammengearbeitet habe, richtig Spaß gemacht hat, weil er mit der uns angeborenen, kindlichen Neugierde arbeitet und nicht „erzieherisch“ ist.
Dieses Vorgehen entspricht im Großen und Ganzen auch meiner Philosophie als Therapeut. Das heißt nicht der Patient hat sich meinen Mustern unterzuordnen, sondern ich mache mir sein Thema ganz zu meinem und erarbeite dann mit ihm zusammen Lösungen für seine Themen.
Sensomotorisches Lernen nach Feldenkrais und Körperbewusstseintraining
Wenn sich die wichtigsten Blockaden im Bewegungsapparat gelöst haben, ist es zudem wichtig, dass die neu erlernten Muster auch nachhaltig angewendet werden und gegebenenfalls beliebig erweitert werden können, sodass zu enge Muster erst gar nicht mehr entstehen. Durch sensomotorisches Lernen nach Feldenkrais und Körperbewusstseinstraining versteht der Patient nach und nach, wie er selbst zur Aufrechterhaltung dysfunktionaler (Bewegungs-)Muster beiträgt und was er tun kann, damit Schmerzen auch in Stresssituationen seltener oder gar nicht mehr auftreten. Wenn der Patient möchte kann er zudem von Sitzung zu Sitzung lernen, wie er selbst seine eigenen Bewegungsmuster erforschen und weiterentwickeln kann. Diese Art von „Meta-Fähigkeit“ entspricht einem der Grundgedanken der Feldenkraismethode und die Umsetzung dieses Gedanken ist meiner Einschätzung nach Das fehlende Schulfach im Schulunterricht hierzulande und anderswo.
Abbauprozessen bei Erwachsenen entgegenwirken und Regeneration der sensomotorischen Fähigkeiten bei Erwachsenen – sensomotorisches Lernen und auflösende Hypnose
Integrative Atemtherapie und Körperbewusstsein nach Feldenkrais bei Erwachsenen
Im Gegensatz zur Arbeit mit Kindern, bei welchen man meist therapeutisch die Entwicklung sensomotorischer Fähigkeit stützen sollte, sind viele Konzentrationsprobleme und auch ADHS bei Erwachsenen stressbedingt. Psychischer Stress ist immer in den individuellen Atemmustern des Patienten abgespeichert und behindert so Ein- und Ausatmung. Deswegen arbeite ich mit Erwachsenen auch bevorzugt mit der integrativen Atemtherapie und mit dem Körperbewusstseinstraining nach Feldenkrais. Neben der integrativen Atemtherapie, welche ich bei Kindern anwende, kann bei Erwachsenen – aufgrund der meist psychischen Ursachen für den kognitiven und körperlichen Abbau – zusätzlich mit der Hypnose, und zwar vor allem mit der auflösenden Hypnose (Hypnoanalyse) gearbeitet werden.
Hypnoanalyse – auflösende Hypnose
Unter auflösender Hypnose bzw. Hypnoanalyse versteht man eine Form der Hypnose, bei der während der Trance mit dem Hypnotisanden gesprochen wird und so emotionale Konflikte gemeinsam abgearbeitet werden. Das heißt der der Patient bekommt in der Trance, durch die Umgehung oder Ausschaltung des Verstandes und einen dadurch verbesserten Zugang zum Emotionsgedächtnis (v.a. zu den limbischen Arealen des Gehirns), Zugang zu alten, angestauten emotionalen Verletzungen, und kann diese in der Sitzung nach und nach verarbeiten bis sich diese völlig aufgelöst haben.
Im Normalfall kann sich der Hypnotisand an alles, was er in der Hypnoanalyse gesagt oder erlebt hat, erinnern. Abreaktionen, die bei einer Hypnoanalyse eigentlich immer vorkommen – wie zum Beispiel ein plötzliches Lösen von Spannung im Schulter-Nackbereich oder ein kurzes Zittern der Beine – können nicht immer vom Patienten erinnert werden. Im Normfall bespricht der Hypnosetherapeut diese anschließend mit dem Hypnotisanden nach.
Sie erreichen das Sekretariat der Praxis werktags zwischen 9 und 19 Uhr unter der Rufnummer 089/23068977.
Bitte teilen Sie dem Sekretariat mit, ob Sie Interesse an einer Kurzeittherapie mit Hypnose und hynotischen Sprachmustern sowie Körpertherapie oder an einem Unternehmer- oder FührungskräfteCoaching haben.
Oder Sie schreiben eine Email an kontakt[ät]praxis-rosenauer.de.
Dipl. Psych. Martin Rosenauer
c/o sinnvoll – Zentrum für Gesundheit
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