In bester Gesellschaft: Hypnose in der Psychotherapie bei erektiler Dysfunktion

Eine erektile Dysfunktion (ED) kann völlig unabhängig von hoher körperlicher Fitness, einem bewussten Lebensstil oder einer harmonischen Partnerschaft auftreten. Männer mit Erektionsstörungen sind mit dieser Erfahrung in bester Gesellschaft: Unter den 40- bis 49-Jährigen in Deutschland erlebt schätzungsweise bereits etwa jeder zehnte Mann eine Form der erektile Dysfunktion. Mit dem Lebensalter steigt die Wahrscheinlichkeit dafür weiter an: So ist unter den 60- bis 69-Jährigen ungefähr einer von drei Männern betroffen – allein in Deutschland also mehrere Millionen Personen.

Hypnose bei erektiler Dysfunktion | Diplom Psychologe Martin Rosenauer

1. Die Erektion: Komplexes Zusammenspiel von Körper und Psyche

Damit eine physiologische Erektion entstehen kann, spielen die Nerven auf Ebene des Gehirns, Rückenmarks und Beckennervenkomplex mit Blutgefäßen und Hormonen zusammen: Befindet sich ein Mann in der Erregungsphase, füllen sich die Schwellkörper des Penis mit Blut, wodurch sich das Glied aufrichtet, größer und härter wird. Mit zunehmender Erregung spannen sich die Muskeln an, Puls und Atemfrequenz werden höher. Dieses Zusammenspiel kann durch Hormonstörungen, Gefäß- oder Nervenerkrankungen, Veränderungen des Schwellkörpergewebes sowie psychische Faktoren aus der Balance geraten.

Gelegentlich auftretende Erektionsprobleme sind nicht ungewöhnlich – so kann sich trotz großer Erregung eine Erektion durchaus einmal gar nicht einstellen oder nicht lange bestehen.

Wann handelt es sich um eine um eine erektile Dysfunktion?

  • Experten sprechen von einer erektilen Dysfunktion, wenn die Erektionen eines Mannes sich dauerhaft nicht so aufrechterhalten lassen, dass sie ein erfülltes Sexualleben und Geschlechtsverkehr ermöglichen – oder wenn sie gar nicht mehr entstehen.
  • Als Richtwert für die Diagnose gilt: Die Erektionsstörungen treten mindestens über einen Zeitraum von etwa 6 Monaten auf. Der Anteil nicht erfolgreicher Erektionsversuche beträgt ca. 70 Prozent.
  • Vereinzelt auftretende Probleme dabei, eine Erektion zu bekommen oder zu halten, zählen also nicht als ED.

Impotenz ist nicht gleiche wie erektile Dysfunktion

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird oft der Begriff „Impotenz“ als Synonym für Erektionsprobleme genutzt. Impotenz, also das völlige Erliegen der Sexualität und Libido, ist allerdings nicht mit einer erektilen Dysfunktion gleichzusetzen. Die Libido kann nämlich durchaus weiter bestehen. Je nach Ausprägung sind auch Orgasmen und Ejakulation weiterhin möglich.

2. Ursachen einer erektilen Dysfunktion

Die Ursachen einer erektiler Dysfunktion können im organischen und/oder psychischen Bereich liegen.

Bei Männern in höherem Alter geht eine erektiler Dysfunktion vor allem von körperlichen Faktoren aus, während bei jüngeren Männern oft unerkannte psychische Muster der Auslöser sind.

Häufig entsteht auch ein Wechselspiel von Ursachen, etwa wenn eigentlich körperlich begründete Potenzstörungen zu psychischen Folgen führen: einem verminderten Selbstwertgefühl, Ängsten oder depressiven Verstimmungen.

Fest steht: Das allgemeine Wohlbefinden, der Gesundheitszustand sowie die Ernährungsweise beeinflussen die Fähigkeit zur Erektion. Die Wahrscheinlichkeit, eine erektiler Dysfunktion zu entwickeln, korreliert allgemein mit der Höhe des Lebensalters und einigen körperlichen und psychosozialen Faktoren. Zu diesen zählen etwa Diabetes, koronare Herzkrankheiten und Bluthochdruck sowie Depressionen, Stress und Ängste.

Auch das Rauchen sowie die regelmäßige Einnahme bestimmter Medikamente werden mit Potenzstörungen in Verbindung gebracht, darunter Präparate gegen Bluthochdruck, Antidepressiva oder Lipidsenker.

Männer mit Erektionsproblemen sollten sich in jedem Fall von ihrem Arzt beraten und einen gründlichen Check-up durchführen lassen – auch, um Erkrankungen wie Diabetes frühzeitig zu erkennen. Je zeitnaher der Arztbesuch stattfindet, umso besser sind die Behandlungsmöglichkeiten.

3. Behandlung körperlicher Ursachen einer erektilen Dysfunktion

Eine Erektile Dysfunktion kann grundsätzlich in jedem Alter erfolgreich behandelt werden, daher sollten auch ältere Männer das Problem nicht einfach als unlösbare Alterserscheinung wahrnehmen.

Es existieren unterschiedliche Therapieansätze, die sich nach Alter, Ursache der Erkrankung sowie möglichen Risikofaktoren des Patienten richten:

  • Eine Gewichtsabnahme bei zugleich ausreichender Bewegung bei Übergewicht sowie ggf. eine Raucherentwöhnung und Reduktion übermäßigen Alkoholkonsums sind generell empfehlenswert.
  • Medikamentöse Therapien durch Phosphodiesterase-Hemmer zielen auf eine Erweiterung der Blutgefäße ab, die den Penis versorgen. Die Blutzufuhr bei sexueller Stimulation kann dadurch erhöht werden. Viele Männer sprechen erfolgreich auf eine Behandlung mit Sildenafil (Viagra©), Vardenafil, Avanafil oder Tadalafil, an.
  • Weitere mögliche Therapien umfassen beispielsweise eine Schwellkörperautoinjektion (SKAT), die Anwendung einer Vakuum-Erektionshilfe oder in selteneren Fällen den Einsatz einer Schwellkörperprothese.

Körperliche Faktoren lassen sich nach eingehender medizinischer Untersuchung allerdings häufig als Ursache einer erektilen Dysfunktion ausschließen.

In diesem Fall, aber auch begleitend bei einer medikamentösen Behandlung, sind psychotherapeutische Ansätze zum Beipsiel auch die Hyponose sinnvoll. Sie unterstützen den Patienten dabei, psychische Komponenten wie verborgene Ängste als Auslöser einer erektilen Dysfunktion zu erkennen und zu verändern.

4. Welche Ursachen kann eine erektile Dysfunktion jungen Männern haben?

Gerade bei jüngeren Männern beruht eine erektilen Dysfunktion häufig auf unbewussten inneren Konflikten, die ihre Libido und sexuelle Reaktionsfähigkeit beeinflussen.

  • Als unmittelbar wirkende Faktoren gelten Versagensängste, Ablenkung wie beruflicher Stress oder partnerschaftliche Konflikte und im Zusammenhang damit oft auch ein hoher Erwartungsdruck, den sich die Betroffenen selbst aufbauen.
  • Sekundäre Erektionsstörungen bestehen, wenn ein Mann bisher durchaus Erektionen bekommen hat, die Fähigkeit dazu sich aber verändert hat. Dies beruht vor allem auf Faktoren aus der jüngeren Vergangenheit: konkreten, belastenden Lebensereignissen, die unbewusst zu sexuellen Versagensängsten geführt haben. Oft entsteht eine erektile Dysfunktion auch durch überhäufige Masturbation und Pornosucht, die erektilen Dysfunktion tritt dann allerdings insbesondere bei intimeren Situationen mit Frauen auf, in seiner Sucht fühlt sich der Mann dahingegen oft sicher und kann sich die Stimulationsreize beliebig aussuchen.
  • Eine erektilen Dysfunktion gilt als primär, wenn ein Mann noch nie in der Lage war, eine Erektion zu bekommen oder aufrechtzuerhalten. Primäre Erektionsstörungen können sich aus länger zurückliegenden biografischen Faktoren ergeben wie früh angelegten Konflikten und Traumatisierungen aus Kindheit und Jugend, die die Entwicklung der Sexualität beeinflusst haben.[1]

5. Hypnose und Hypnotherapie bei erektiler Dysfunktion: 4 Fragen an Diplom Psychologe Martin Rosenauer

Martin Rosenauer ist Diplom-Psychologe, Experte für aufdeckende Psychotherapie mit Hypnose sowie Unternehmer- und Führungskräfte-Coach. Im Gespräch erläutert Martin Rosenauer, welche biografischen Faktoren und Beziehungsmuster er gemeinsam mit seinen Klienten bei der Behandlung einer erektilen Dysfunktion betrachtet.

1. Welche Ursachen erkennen Sie als Therapeut und Coach hinter erektiler Dysfunktion?

Martin Rosenauer: Häufig liegt einer erektilen Dysfunktion eine nicht ausgelebte bzw. nicht durchlebte Pubertät zugrunde: Eine starke Bindung an eine vielleicht sehr anspruchsvolle Mutter kann dahinterstehen – wenn ein Mann als Kind beispielsweise die Rolle des „kleinen Prinzen“ verkörpert hat, vielleicht zudem unbewusst als Partnerersatz für die Mutter.

Es besteht die Möglichkeit, dass er später in seinen Sexualpartnerinnen die eigene Mutter anstelle einer gleichwertigen Partnerin sucht, ohne sich dessen bewusst zu sein. Als Erwachsener erlebt der Mann in seiner Rolle als Partner dann die Regression zum kleinen, niedlichen Jungen, der nicht potent ist und stattdessen in Abhängigkeit von seiner Partnerin lebt. Dies kann dazu führen, dass der impotente Mann in der Anwesenheit von attraktiven Frauen nicht an seine männlichen Energien herankommt. Ein schlaffes Glied ist die Folge

2. Heißt das, dass frühe Bindungsmuster sich in der Sexualität eines Erwachsenen widerspiegeln?

Martin Rosenauer: Ja, das erlebe ich in meinen Gesprächen mit meinen Klienten häufig. Männer beispielsweise, die wenig Liebe von der eigenen Mutter erfahren haben, sind im Beisein ihrer Partnerin dann selbst kaum in der Lage, Selbstliebe anzunehmen und auszudrücken. Stattdessen machen Sie sich Gedanken darüber, was ihre Partnerin von ihnen denkt und dadurch entsteht oft Druck bis hin zu irgendwann auch Erschöpfung, welche sich dann in Erektionsstörungen äußern kann. Oft glauben Männer auch fest, dass sie jederzeit „können müssten“ während sie ihren Partnerinnen alle ihre „Launen“ und die Alternative, „Nein zu sagen und keine Lust zu haben“ zustehen. Dass auch Männer emotionale Wesen sind und sexuelle Lust (statt „,müssen“) ein wichtiger Faktor in der Sexualität ist wurde vielen Männern nicht beigebracht.

3. Ist alleine die Beziehung zur Mutter entscheidend?

Martin Rosenauer: Auch in der unaufgearbeiteten Beziehung zum Vater lassen sich oft Ursachen für eine erektilen Dysfunktion finden, etwa wenn nicht ausgetragene Konflikte oder auch ein Konkurrenzverhältnis zum Vater bestehen. Der Vater wird unbewusst oder ganz offen als Gegner empfunden, anstatt eine Rolle als Vorbild und Unterstützer zu verkörpern.

Der Sohn kann bei diesem Beziehungsmuster eine Hochsensibilität und ein weniger ausgeprägtes dominantes Verhalten entwickeln. Dies kann das gesunde Durchsetzungsvermögen beeinflussen und so weit gehen, dass er eigene Aggressionen unterdrückt und eine erkektile Dysfunktion entsteht.

4. Ist es bei der Behandlung einer erektilen Dysfunktion also entscheidend, sich seiner persönlichen Beziehungsmuster bewusst zu werden?

Martin Rosenauer: Die psychischen Ursachen sind häufig komplex. Als Therapeut decke ich gemeinsam mit meinen Klienten ungelöste Konflikte wie frühe Bindungsmuster auf, derer sie sich nicht bewusst waren sodass sich diese verändern können. Viele meiner Klienten stehen erfolgreich im Leben und im Beruf und haben sich nie mit tiefliegenden Ängsten und dem diesen zugrundeliegenden fehlendem Urvertrauen befasst. Durch psychotherapeutische Ansätze kann es ihnen gelingen, diese zu lösen und ihre Sexualität wieder erfüllt zu leben.

Um verborgene, hinderliche Muster zu entdecken und zu lösen, wende ich Tranceverfahren wie die Hypnose an. Die aufdeckende Veränderungsarbeit mit Wach- und Tiefenhypnose hat sich in der Arbeit mit Männern mit erektiler Dysfunktion und weiteren bei unterschiedlichsten Themen seit vielen Jahren bewährt.

[1] Levine, Stephen B.: Intrapsychic and interpersonal aspects of impotence: psychogenic erectile dysfunction. In: Rosen, R., Leiblum, S. R. (Hrsg.): Erectile disorders. Assessment and Treatment. New York: Guilford, 1992, zitiert nach: Hartmann, Uwe: Serie: Sexuelle Funktionsstörungen – Psychosomatische Aspekte bei Erektionsstörungen, Deutsches Ärzteblatt (2000); 97(10): A-615 / B-534 / C-488

[1] Levine, Stephen B.: Intrapsychic and interpersonal aspects of impotence: psychogenic erectile dysfunction. In: Rosen, R., Leiblum, S. R. (Hrsg.): Erectile disorders. Assessment and Treatment. New York: Guilford, 1992, zitiert nach: Hartmann, Uwe: Serie: Sexuelle Funktionsstörungen – Psychosomatische Aspekte bei Erektionsstörungen, Deutsches Ärzteblatt (2000); 97(10): A-615 / B-534 / C-488